Montag, 18. November 2013

Morgenstund' hat Pap im Mund

Molweni und hallo, liebe weltwärts-Fangemeinde.

Ich bin nach wie vor bester Dinge und hochzufrieden mit dem bisherigen Verlauf und dem aktuellen Stand meines Auslandsjahres. Und nicht nur das, für die nähere Zukunft habe ich auch schon allen Grund zur Vorfreude. Bleiben wir aber zunächst mal in der Gegenwart:

Wie ihr euch vielleicht erinnert, habe ich euch doch vor rund einem Monat noch von meinen Problemen in der Klasse berichtet, was das autoritäre Auftreten und zwischenzeitliche Chaoswellen angeht. Nunja, ich kann nicht behaupten, ich hätte riesige Fortschritte gemacht - in meinen Augen bin ich aber schon mehr als einen Meilenstein weitergekommen.
Eine Besonderheit von Waldorfkindergärten ist das spezielle Augenmerk, dass auf den Rhythmus, bzw. Regelmäßigkeiten im Tages- und Wochenablauf gelegt wird. Die Begrüßung, das Pap-Frühstück, der Morgenkreis, Lieder und Gedichte... all diese Dinge gleichen schon fast Ritualen und bringen eine feste Struktur in den Kindergarten-Alltag, an die sich die Kinder gewöhnen und mit der sie sich wohlfühlen können. Ein solcher Ablaufplan ist auch im Noxolo Educare Centre genaustens auf einem Plakat mit Uhrzeiten festgeschrieben. In der Praxis wurde er aber wohl schon in hundert verschiedenen Varianten umgesetzt, die bis hin zur Nichtbeachtung reichten. Dabei trifft die Mamas und mich eigentlich keine Schuld, denn dieser Fahrplan ist ganz offensichtlich nicht für diese große Anzahl von Kindern und das südafrikanische Wetter gemacht worden.
Klar, in der Theorie sollte man meinen, eine Pfütze Maisbrei zu essen wäre eine Sache von höchstens zwanzig Minuten. Diese Zeit brauchen wir aber schon allein, um etliche Male mit vollbeladenen Tabletts von der Küche über die ganze Terasse bis in die Räume zu gelangen - geschweige denn, um die "Ich will aber den blauen Teller"-Streithähne mit extra-stark leuchtendem Rosa auszustatten. Zur weiteren Verzögerung können dann noch eine Handvoll Unfälle mit umgekippten Tellern, extrem unterhaltungslustige Kolleginnen am Schöpflöffel und das obligatorische, unfreiwillig in Pap geduschte Kind hinzukommen - und schon haben wir allein 40 Minuten auf das Frühstück verwendet. Jedenfalls, wenn nicht gerade wieder ein kapstädter Überraschungs-Monsun über Guguletu hereinbricht. Das Wetter spinnt ab und zu total.
Was den Morning Ring (Morgenkreis) angeht, habe ich die Vermutung, dass da bisher irgendwie wenig Engagement reingesteckt wurde. Ich bin mittlerweile allermeistens alleine in der Klasse, doch hab ich es schon ein paar Mal erlebt, wie den Kindern direkt nach dem Essen z.B. die Malsachen hingelegt wurden. Die Sache ist die, dass ein Teil der Kinder erst während der Essenszeit im Educare ankommt, weil sie entweder den "Luxus" genießen, zu Hause frühstücken zu können, oder weil die Eltern erst dann ihrem Tagesgeschäft nachgehen und auf dem Weg ihren Nachwuchs in unsere Obhut geben. Nach dem Essen ist die Gruppe also erst vollständig - ich finde, der gemeinsame Start in den Tag per Morning Ring ist dann unerlässlich.
Morgenkreis - das hört sich so einfach an. Wie bereits vor einem Monat geschildert, kann das Ganze schon allein am Versuch scheitern, einen Kreis zu bilden. Zum diesem Zeitpunkt darf ich nun mit Stolz behaupten, den Morning Ring jetzt schon eine Woche lang total souverän und erfolgreich geleitet zu haben. Es beginnt mit wilden Gesten, die auf alle möglichen Arten einen Kreis beschreiben, während ich immer wieder "Circle, Cirlce, Circle!" rufe und dabei auf die freie Fläche im Raum deute. Das Geschrei geht los, jeder schnappt sich einen Stuhl, rammt seinem Nächsten beim Wegtragen womöglich noch die Lehne in die Rippen und bringt sich dann lebhaft in die "Wer sitzt neben wem"-Diskussion ein. Meine alte Freundin, die Bongo, sorgt wiederum für gespanntes Schweigen.
Vorschule rockt!
Ich eröffne mit "Molweni abantwana!" (Hallo, Kinder) und werde mit "Molo, Teacher!" (Hallo, Lehrer) gegengegrüßt. Das einzustudieren war allein schon harte Arbeit. Dann wünsche ich uns allen einen schönen Tag und gebe Kreisspiele und Lieder aus meinem aber eher noch bescheidenen Repertoire zum Besten. Ab und zu habe ich auch eine kreative Eingebung. So habe z.B. ich aus Versehen den Refrain von "We Will Rock You" (Queen) zur neuen Klassenhymne gemacht; bumm bumm clap ist einfach DER Beat. "Wiwo, wiwo RACK JU!" schallt es manchmal auch abholenden Eltern entgegen. Das haben sie von mir, denke ich mir dann immer. ;-D

Ich habe anfangs von guten Aussichten für die kommenden Wochen gesprochen und auch darin gebe ich euch natürlich einen kleinen Einblick.
Am 30. November findet das Graduation Event, also die Einschulungsfeier meiner Vorschüler statt. Für die Veranstaltung ist eine kleine Show geplant, für die wir gerade eifrig diverse Tänze und Lieder einstudieren. Hierbei werde ich immer unterstützt, denn so weit reichen meine isiXhosa-Kenntnisse noch nicht aus, dass ich die Liedtexte und die passenden Anweisungen für die Tänze dazu auf die Reihe bekommen würde. Ich weiß noch nicht, welche Aufgabe ich bis zum Urlaub dann bekomme, aber ich weiß, dass ich meine Vorschüler jetzt schon ein wenig vermisse. Auch wenn ich sie erst verhältnismäßig kurz hatte, gibt es schon die ein oder anderen Kids, die ich sehr schätzen gelernt habe - und allgemein war es auch einfach eine nette Klasse. Trotzdem freue ich mich auf das Event und bin gespannt, welche Gruppe mich dann nach den Ferien im Januar erwartet.

Apopros Ferien, darin besteht der zweite Teil meiner Vorfreude. Ein vierwöchiger Roadtrip durch Südafrika, Lesotho, Swaziland, Mozambique und vielleicht Botswana steht mir bevor - also höchstwahrscheinlich ein recht abenteuerlicher Urlaub, oder: ganz nach meinem Geschmack. Eine kurze Unterbrechung der Reise wird mich dann über Weihnachten für ein paar Tage zurück nach Kapstadt führen, wo ich mit meiner Familie unterwegs sein werde, die dann dort Urlaub macht.
Ausblick auf die Bucht von Simon's Town
Auf diese Auszeit mitten im höchsten Hochsommer freue ich mich natürlich auch schon so richtig und es macht schon allein Spaß, die ganzen Vorbereitungen zu treffen! Ich werde euch dann natürlich auch ausführlichst von meinen Ferienerlebnissen erzählen. ;-)



Bis dahin liegen nur noch wenige Wochen fleißiger Arbeit vor mir und falls ich nicht vorher von der Sonne zu einem heißen Haufen Asche verwandelt werde, werde ich natürlich auch bis zum Schluss voll dabei bleiben. Also ganz anders als noch zu Schulzeiten, wenn es auf die Ferien zuging. ;-D

Ich hoffe, ihr seid auch wohlauf und sende euch in alle Himmelsrichtungen strahlend-sonnige Grüße aus Muizenberg!

Wie immmer: Bis bald!

Lukas