Freitag, 7. Februar 2014

Upside down: Aus für Noxolo und eine Herkules-Aufgabe...

Molweni abahlobo! (Hallo Freunde!)

Doch etwas früher als geplant muss ich euch hier von der neusten Wendung des Schicksals erzählen, die mich nach Ferienende ereilt hat und nun wohl oder übel meinen ganzen bisherigen Dienstverlauf komplett auf den Kopf stellt. Also, anschnallen und losgeht's:


Die erste Arbeitswoche ging schon mal damit los, nicht loszugehen. Montags um 8 Uhr in der Früh erreichte mich ein Anruf von der Frühschicht, die wieder nach Hause geschickt wurde, weil der Transport-Bus in der Werkstatt war und wir somit nicht zur Arbeit in die Townships fahren konnten. Dieser Zustand hielt dann auch noch bis Donnerstag an, was uns bis auf das Gardening am Freitag eine weitere Woche Extra-Urlaub bescherte. Beim Gardening herrschten übrigens schlanke 36°C (!!!). Im Schatten - also da, wo wir nicht arbeiten. Da war ich erst noch ganz froh, dass ich zusammen mit meiner Noxolo-Mitfreiwilligen ins Büro zu einer kurzfristigen Besprechung mit der Centre-Chefin bestellt wurde. Drinnen sah die Sache schon bald ganz anders aus: das Centre hatte beschlossen, auf einige Konflikte mit Noxolo, u.a. die verpatzte Graduation von der ich hier berichtet habe und ein paar krumme Geldgeschäfte der Principal, mit Konsequenzen zu reagieren. Wir wurden gefragt, ob wir uns vorstellen könnten, in einen anderen Kindergarten zu wechseln. Meine Kollegin war einverstanden, ich aber ganz und gar nicht. Das Centre wollte sich daraufhin zuerst mit unserer Principal für ein Gespräch zusammensetzen, bevor man weiter über unsere Zukunft beratschlagen würde. Das sollte aber erst eine Woche später geschehen.
Vorher hatten wir mit die besten Tage in Noxolo überhaupt: eine supernette neue Köchin wurde zum Jahreswechsel eingestellt, es gibt jede Menge neue Ausstattung in der Küche und in den Gruppenräumen und große Pläne für 2014, in denen auch mein Spielplatz-Projekt für den Außenbereich eine Rolle spielen sollte. So viel hatte sich gebessert und war auf einem guten Weg, ich war wirklich hellauf begeistert!


Tja, aber man kann es erahnen: am Freitag gab es den Hammer ins Gesicht: im Gespräch hatte sich unsere Kindergartenchefin angeblich uneinsichtig gezeigt und das Centre hat beschlossen, uns Freiwillige komplett aus Noxolo abzuziehen. Ich war zutiefst schockiert! Die neuen Kinder, die Mamas, das Educare, all meine Pläne... dahin?! Das konnte und durfte doch nicht wahr sein! Mich verbindet nach knapp einem halben Jahr schon viel mit diesem Kindergarten und es hatte seinen Grund, warum ich bisher jeden (!) Tag so top-motiviert in Guguletu auf der Matte stand - weil ich einfach so gerne zur Arbeit ging! In letzter Verzweiflung konnte ich dann doch noch einen Kompromiss herausschlagen: sollte die Principal nach sechs Wochen mit einer Entschuldigung zurückkommen und Pläne haben, was sie gedenkt in Zukunft besser zu machen, wird darüber nachgedacht, ihr - und mir - nochmal eine Chance zu geben. Ich war erleichtert. Dieses Versprechen ist immerhin ein letzter Strohhalm, an dem ich mich in Sachen Noxolo festhalten kann. Trotzdem doof. Das folgende Wochenende verbrachte ich entsprechend frustriert, in finsteren Gedanken und bevorzugt alleine...
Aber... naja, es ist jetzt nicht zu ändern und die Entscheidung des Centres steht über meinen persönlichen Wünschen, was irgendwo auch für mich verständlich ist. Und es ist ja noch nicht das letzte Wort gesprochen! Verabschieden werde ich mich jedenfalls noch lange nicht von meinem Noxolo Educare Centre. ;)


Am Mittwoch haben wir dann eine kleine Township-Tour für uns "Arbeitslose" (zwei weitere Freiwillige wurden auch aus ihrem Educare rausgenommen) veranstaltet und haben uns fünf neue, unbesetzte Educare-Centres angeschaut. Keines davon hatte einen großen Außenbereich, was eines meiner größeren Auswahlkriterien gewesen wäre. Also entschied ich mich für das absolute Kontrast-Programm. Wenn es schon nicht ähnlich wie das Alte war, dann sollte es schon richtig anders sein: das Khaniysa Educare Centre. Es liegt in Khayelitsha, dem zweitgrößten Township Südafrikas. Es ist mit Abstand der kleinste und ärmste Kindergarten, der zum Centre for Creative Education gehört. Es besteht nur aus einer ca. 35 m² großen Wellblech-Shack, die auf einer Seite mit Karton und einem Bretterverschlag verkleidet ist, mehr nicht. Darin integriert ist eine Kochstelle mit einem kleinen Gasherd und ein Waschbecken. Für die 13 Kinder dort gibt es gar keinen Außenbereich, dafür ist im Haus immerhin angemessen viel Spielzeug vorhanden. Ich kann gerade so aufrecht stehen, die Shack ist also glücklicherweise ein bisschen mehr als zwei Meter hoch, was das Ganze aber nicht weniger eng erscheinen lässt
Es ist mehr als eine Trotzreaktion, denn mich reizt diese Herausforderung irgendwie. Ich bin der erste Freiwillige im Khaniysa und es wird wahrscheinlich eine echte Herkules-Aufgabe, den Alltag dort, unter solchen Umständen zu meistern. Aber dafür bin ich ja hierher gekommen. Jetzt, wo ich schon ein wenig Erfahrung habe, kann und will ich so ein Experiment auch wagen. Die Mamas waren noch dazu richtig nett und die Nähe zu den Townshipbewohnern, die immer mal wieder vorbeikommen um Hallo zu sagen, gefällt mir. Und auch wenn ich nichts meinem alten Kindergarten vorziehen würde, hatte ich mich doch irgendwie gleich ein bisschen in diese kleine Lotterhütte verguckt. ;)

Auch wenn ihr jetzt sicher auf Bilder und mehr Infos brennt, werde ich meine ersten Erfahrungen in Khayelitsha erst in ein paar Wochen mit euch teilen, nachdem ich dort im Alltag angekommen bin. Entweder kurz vor oder kurz nach dem weltwärts-Zwischenseminar.
Das findet übrigens ab dem 18.02. fünf Tage lang auf einer Farm bei Wellington statt und stellt einen großen Punkt im Verlauf eines jeden weltwärts-Freiwilligendienstes dar. Und Seminare bei den "Freunden" sind ja eigentlich eh immer ein Grund zur Vorfreude. ;-)

Achja: wegen der vielen Freizeit in den letzten Tagen habe ich viel Kontakt mit Deutschland gehabt und mich über viel Post und Co. gefreut, dankeschön! :)

Also, ob in Deutschland oder woanders: macht es gut und...

Bis bald! :)

Lukas, der Neu-Khayelitshaner