Samstag, 24. Mai 2014

Herbstgeschichten

Hey hey!

Long time no read! Ich dachte, ich lass' erst mal wieder ein bisschen was passieren, bevor ich das nächste Mal schreibe. Acht-Monate-Jubiläum haben wir neulich gefeiert. Und jetzt ist es schon so viel, dass ich wieder gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Da müsste ich ja jetzt ziemlich weit ausholen - mach' ich einfach mal! Here we go:

Ich war ja in Johannesburg (bzw. Jo'burg oder Jozi). Das ist 1.400 km weit weg von zu Hause und ich bin mit dem Bus gefahren. 20 Stunden sind das (14:00 bis 10:00), eingepfercht in einem Doppeldecker-Sleepliner. Auf die lange Dauer eingestellt ginge das eigentlich, wenn ich nicht so groß wäre und es mit der Zeit verdammt unbequem werden würde. Aber naja, ich hab's überlebt. Genauso wie übrigens das Bordprogramm, das anscheindend von einem dieser Kirchenfanatiker zusammengestellt wurde. Diese "radikalen" Christen findet man in der Öffentlichkeit auch ganz oft und jetzt weiß ich auch, woher die den Stoff haben, den sie einem in Bus und Bahn entgegenbrüllen: "The Turning Point". Grausam. Das ist eine Sendung, die sich u.a. mit Themen wie "Sex vor der Ehe und warum man dafür in die Hölle kommt", "Frauen < Männer" oder "Satan und die Pornografie" beschäftigt. Darum ging es nämlich in den mehrstündigen Ausgaben, die uns auf der Fahrt nach Joburg präsentiert wurden. Noch dazu gab es einen Spielfilm ohne Ton und eine Dokumentation über irgendwas, was nicht so interessant war wie mein Sudoku-Heft.
Jedenfalls war ich dann eine Woche in Kew zu Besuch bei zwei Freiwilligen, die dort in einer Haushälfte wohnen und in der Inkanyezi Waldorf School in Alexandra arbeiten (Alexandra ist übrigens eines der elendsten Elendsviertel in Südafrika). Und die beiden haben glücklicherweise ein Auto, einen kleinen Citi-Golf. Naja, von Glück kann man fast nicht sprechen, es ist dort nämlich ziemlich notwendig eines zu haben. Gauteng (so heißt die Provinz um Jozi und Pretoria) ist nämlich langweilig. Wirklich, einfach nur langweilig. Ein Betondschungel mit ein paar Freizeit-Hotspots. Aber kein Meer, kein Tafelberg, keine Panoramastraßen und Strände... was ganz anderes als Cape Town.
Ich war ja an Neujahr schon mal dort (zum Reisetagebuch), aber ich dachte nicht, dass ich in den drei Tagen damals schon alles gesehen hatte - war aber so. Naja, die Woche war trotzdem echt cool. Wir haben viel rumgehangen (was ich auch mal gebraucht habe) und sind immer mal wieder zu irgendeinem sehenswerten Ort aufgebrochen. Ich habe z.B. Soccer City gesehen, das Riesending, in dem die WM damals u.a. stattgefunden hat. Ich war auch am Flughafen und im Montecasino, einer Mall, die innen wie ein toskanisches Dorf aussieht und das mit Liebe zum Detail simuliert.
Außerdem habe ich nochmal die Sterkfontein-Höhle in der Cradle of Humankind besichtigt und wir haben einen Tagesausflug nach Pilanesberg unternommen, um ein bisschen Safari mit dem Golf zu machen. Ich hatte ja die leise Hoffnung, da mit einer Löwensichtung meine Big 5 (Löwe, Leopard, Büffel, Nashorn, Elefant) komplettieren zu können - aber die Miezen hatten sich alle versteckt. Naja. War aber trotzdem ein gelungener Ausflug, der Park ist nämlich landschaftlich auch was Feines. Den letzten Abend habe ich zwischen enttäuschten Bayern-Fans (Ronaldo <3) und mit Erdinger Weißbier auf dem Tisch auch sehr genossen. ;D
Zwei Stunden verspätet ging es dann am Mittwoch wieder zurück Richtung Cape Town. In Bloemfontein stieg noch zufällig eine Freiwillige aus Windhoek zu, die ich vom Vorbereitungsseminar kannte. Um 9 Uhr hätte ich am Bahnhof am Kap aufwachen sollten. War aber nicht so. Stattdessen war nichts als Karoo-Wüste draußen zu sehen - Buspanne! Yippieh. Als hätte mich "The Turning Point" und die gleichen tonlosen und langweiligen Filme nicht schon genug aufgeregt. Aber man muss sowas auch mit Humor nehmen können. Zeit hat man ja eh immer in Südafrika. Das galt zum Glück auch für den Mechaniker, der am 1. Mai (Feiertag) erst mal aus Kapstadt anreisen musste und den Bus nach dreimal Anlassen wieder zum Laufen brachte. Was auch immer daran so kaputt war, es hat uns rund sechs Stunden (!) aufgehalten. Muizenberg ist echt wunderschön, aber so schön wie an diesem Tag war es noch nie. ;)


Joa und das war mein großes Ferienhighlight. Hab ich erwähnt, wie herrlich warm es eigentlich in Gauteng war? Am Kap ist nämlich jetzt Winter. Nachts vor allem, tagsüber ist noch sowas wie Herbst. Aber nachts, yoh! Heute hab ich mir endlich mal ne Mütze gekauft, meine alte ist nämlich irgendwie futsch. So wie einige meiner Sachen gerade. Ja, man hat mich nämlich beklaut. Könnte ich gerade mal erzählen. Das war so:
Ich wohne ja im ersten Stock. Wenige Meter neben der Bahn. Und zwischen Bahn und Haus gibt es noch so einen kleinen Weg. Und über der Kellertür unter meinem Fenster ist so ein kleines Vordach. Und irgendwer war so bescheuert und hat sich da mal draufgestellt und geschaut, wie andere Leute eigentlich ihr Fensterbrett dekorieren. Geldbeutel, Tasse voller Kleingeld, Kamera und USB-Stick sind irgendwie nicht schön genug gewesen und wurden deswegen mitgenommen. Wer jetzt denkt, ich müsste ja komplett ausgerastet sein, liegt vollkommen richtig. :D
Meine Kamera ist das Schlimmste, die war nämlich neu seit letztem Weihnachten. Danach kommt der USB-Stick, wo ich das fertige Booklet für mein Educare druckfertig abgespeichert hatte. Und drittens ist meine Kreditkarte weg, aber da kann man sich ja eine neue holen. Naja, irgendwann musste ich ja auch mal was verlieren, ich bin da unter den Freiwilligen ja fast der letzte Glückliche gewesen bis jetzt.

Das ist aber alles schon ziemlich aktuell. Vorher war ich ja auch mal wieder arbeiten, ein paar Tage. Einmal hatte Metrorail auch mal wieder Metrofail und fuhr nicht, weshalb wir zu Hause blieben. Und das andere mal war ich drei Tage krank. ... Ich! Krank! Das erste Mal so richtig seit... drei Jahren? Ich bin NIE krank! Nie! Meine schöne Serie ist gerissen. :(
Aber das war irgendeine Grippe, das ging echt gar nicht, keine Chance. Tja, schade.

So, jetzt aber mal zum Projekt!
Im Kindergarten ist außer Alltag gerade nicht viel los. Der Plumber hat uns übers Ohr hauen wollen und da kaufen wir jetzt erst mal keine Toiletten, mal sehen wann das mal was wird. Achja, aber drei neue Kinder haben wir in der Gruppe, alle drei Jahre alt. Über sowas bin ich immer froh. In meiner kleinen Bude sehe ich ja jeden Tag die gleichen zwölf Gesichter und da ist so ein bisschen frischer Wind gar nicht schlecht. Leider sind zwei Kinder aber auch irgendwie verschwunden, zusammen mit einer Erzieherin. Keiner weiß, warum die nicht mehr kommen. Aber es geht ihnen gut, hieß es, die würden nur nicht mehr kommen.
Der Fokus liegt gerade sowieso auf einem anderen Kindergarten! Das Kideo Kids in Samora Machel nämlich. Wer sich erinnert, da kam auch die Einladung zu der Hochzeit vor ein paar Wochen her. Jedenfalls soll da gebaut werden - und zwar alles neu! Das ganze Grundstück wird neu bebaut. Und da haben wir Freiwilligen einfach mal einen Bautrupp zusammengestellt und packen jetzt am Anfang mit an. Das wird echt ne spannende Angelegenheit, so ein Hausbau. Letzte Woche haben wir erst mal mit dem Abriss begonnen. Mit Brecheisen und Hammer so nen Shack-Anbau wegzuprügeln macht ja ziemlich Bock, muss ich sagen! ^^ Das Aufräumen danach nicht so, aber jetzt ist vor dem "Hauptgebäude" schon mal alles clean. Einen Bauleiter aus dem Township haben wir auch, der sich dadurch qualifiziert, dass er angeblich schon mal einen Supermarkt gebaut hat. Mit dem Profi legen wir dann nächste Woche los, reißen das Haupthaus ein und bauen die ersten neuen Mauern. Richtig wie auf'm Bau, das ist das Erlebnis und die Erfahrung echt wert und Spaß macht's auch. ;)
(Bilder gibt's nächstes Mal)

Gehämmert wird auch gerade wieder im Gardening, wir retten nämlich unsere Beete. Vor ca. einem Jahr wurde der Garten ja gerade erst "erschlossen" und wir sind seine ersten Arbeiter. Wenn der mal groß genug ist, soll er die Kindergärten immer mal wieder mit biodynamischen Gemüse versorgen können. Jetzt stellte sich bloß heraus, dass es Tiere gibt, die da was dagegen haben. Vögel und Eichhörnchen zum Beispiel, denen sind kleine Menschen nämlich egal, die fressen das alles lieber selber. Damit wir nicht alles Getier erschießen müssen, bauen wir jetzt Käfige für unsere Veggiebeds.


Wie immer haben wir alte Paletten recycelt und damit einen rechteckigen Rahmen gezimmert. Danach wurden alte Gartenschlauch-Stücke überkreuz in den Rahmen genagelt, sodass sie sich nach oben wölben und damit eine Art Zelt bilden. Da kommt dann Gewächshaus-Netz drüber und fertig ist der mobile Schädlingsschutz. Leider sind diese Greenhouse-Netze ziemlich teuer und wir können noch nicht alle Beete bedecken. Und wir haben zu wenig Hämmer. Das Sabantwana-Geld ist zu allem Unglück gerade auch ein bisschen knapp... finanziell sind es keine rosigen Zeiten. Mal sehen!
Aber bis wir auf all das kamen hat es zugegebenermaßen auch eine ganze Weile und etliche Prototypen gebraucht (notwendige Google-Suche: "Umfang eines Kreises Formel"). :D

Seit dem 9. April hatten wir bis letzten Mittwoch keinen Sprachkurs mehr. Immer waren entweder wir im Urlaub oder ich krank oder sonstwas. Aber die letzte Stunde hat wieder richtig Spaß gemacht: wir haben Baustellen-Vokabeln gelernt und die 1.000 Fragen besprochen, die wir nach der langen Zeit hatten. Sapha itombare ndifuna ukumosha izenke apha! (Gib mal das Brecheisen her, ich will das Dach da kaputthauen!)

So, was gibts noch? Achja, Tischtennis läuft ultragut gerade. Meine Bilanz von 11:1 gewonnenen Spielen sieht so aus, als wäre die Liga zu leicht, aber da sind schon einige haarscharfe Spiele dabeigewesen. Und die eine Niederlage habe ich übrigens an dem Abend eingefahren, als ich aus Joburg zurückkam. Da war nämlich Feiertag und mir fiel in all dem Reisechaos zu spät auf, dass da die Bahnen anders fahren. Ich kam also viel zu spät in die Halle und hab direkt unaufgewärmt verloren. Aber egal. Als Team haben wir jetzt zwei Niederlagen, ein Unentschieden und einen Sieg auf dem Konto, das ist in Ordnung. ;)
In Goodwood bin ich beim Turnier außerdem mit etwas Losglück auf dem 4. Platz gelandet. Aber es läuft auch gerade echt, wie gesagt. Ist immer schwer, das selber einzuschätzen, aber ich glaube ich habe mich vor allem im Angriff nochmal ziemlich verbessert. Mal sehen wie das weitergeht! Macht auf jeden Fall immer noch sehr viel Spaß mit den Jungs beim Protea SC!

Hui, ich glaube, ich hab's soweit! ;)
Flagge von Namibia; Quelle: Wikimedia
Fehlt nur noch ein kleiner Ausblick. Arbeiten werde ich die nächsten Wochen jetzt wie gesagt immer mal wieder auf der Baustelle. Dann habe ich irgendwann noch Geburtstag. Und die Vorbereitungen für den Winterurlaub laufen auf Hochtouren, wir wollen ja nach Namibia. Und vielleicht nach Angola. Aber wie ich uns kenne, landen wir am Ende noch in Marokko. :D Auf jeden Fall soll es die Wüste sein. Ich friere eigentlich jetzt schon, das wird nämlich echt scheißkalt nachts im Zelt. Aber mal sehen, das wird mit Sicherheit wieder irgendwie richtig abgefahren, das kriegen wir hin. Danach ist ja auch schon Ende Juli... den Rest kennt ihr. Man man man! Naja.

So, ich hab genug getippt und ihr genug erfahren. Ich meld' mich bald mal wieder, denke ich. ;)

Macht es gut und habt bitte keinen zu schönen Sommer, wenn ihr jetzt in Europa seid. Ich will ja am Ende nichts verpasst haben. :P

Bis bald!

Lukas
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All das ist was wir sind - und es ist wunderschön!