Sonntag, 23. Februar 2014

Mein Zwischenseminar

Sharp sharp!

Hallihallo aus Cape Town, ich habe mich in Sachen "Berichten" mal wieder umentschieden und erzähle euch in diesem Eintrag lieber erst vom Zwischenseminar, von dem ich gestern zurückgekehrt bin. Weil ich meine Kamera zwischenzeitlich im Township liegen gelassen habe, hatte ich auch nicht die Möglichkeit, vorher noch einen schönen Eintrag zum neuen Kindergarten abzuschicken - der folgt dann demnächst. ;)
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Gute eineinhalb Stunden Busfahrt haben uns auf die Bloublommetjeskloof Farm bei Wellington gebracht. Der Bauernhof ist eine biodynamische "demeter"-Farm, d.h. auf dem Gelände kommt null Chemie zum Einsatz. Eigenes Duschgel darf man auch nicht benutzen: alles Abwasser wird direkt auf die Felder und in die Beete geleitet. Bei den Mahlzeiten ist von Brot über Pizza bis Eiskrem alles selbstgemacht - und richtig lecker noch dazu! Wir Freiwillige schlafen in der Dachkammer eines Geräteschuppens. Das Seminarhaus liegt auf einer Anhöhe, die in fünf Minuten zu Fuß zu bewältigen ist. Die Hälfte der Teilnehmer kommen von unserem Centre, der Rest der 22 aus allen Teilen Südafrikas.

Ja, und wozu jetzt eigentlich das Ganze? So genau wusste das irgendwie keiner der Anwesenden so recht, denn einen Seminarplan o.ä. gab es überhaupt nicht. Stattdessen hat man versucht, das Programm nach unseren Wünschen zu gestalten.
Wie schon intensiv auf dem Vorbereitungsseminar praktiziert, ging es also los mit "Reflektieren". Unglaublich, wie lange mir die Zeit seit September plötzlich wieder vorkam. Diese Einheit brachte die zahllosen Eindrücke von fast sechs Monaten in Südafrika in eine Art Struktur und Reihenfolge. In der Gruppe durfte dann auch jeder mal seine Stimmungskurve vorstellen und von besonders positiven und negativen Ereignissen erzählen. Ein anderes Mal diskutierten wir einmal mehr unsere Rolle als Freiwillige in Südafrika durch: was machen wir hier, wie wirken wir, wer hat welchen Nutzen davon? Das Resultat: wir können alle auf unsere Leistung und generell unsere Entscheidung stolz sein, einen Freiwilligendienst im Ausland zu absolvieren. Die wurde ja nun schon vor über einem Jahr getroffen.
Ein weiteres Thema war ganz einfach "Südafrika". Unsere zweite Heimat hat geschichtlich ja schon ein schweres Los gezogen und noch immer sind die Auswirkungen der Apartheid-Zeit nicht wirklich im Begriff, zu verschwinden. Wir teilen Beobachtungen, tauschen Meinungen und Erlebnisse dazu aus. Jeder von uns ist hier schon einmal dem Rassismus in irgendeiner Form begegnet.
Anschließend wird an Problemen und Konflikten gearbeitet, die wir in unseren verschiedenen Einsatzstellen haben - das sind nicht wenige. Wir versuchen, uns Lösungen für die anderen zu überlegen.
Zwischendurch dürfen wir auch noch eigene Workshops anbieten und anderen zeigen, was wir womöglich selbst in unseren Einrichtungen gelernt haben. Naja, es kommen aber nur zwei Workshops zustande - da habe ich einfach mal einen isiXhosa-Schnellkurs gestartet. Außer dem CCE bietet nämlich keine andere Dienststelle sowas Tolles wie einen Sprachkurs an. Ich hatte die größte Teilnehmerzahl also von vornherein sicher. ^^ Nach den Basics und einigen Smalltalk-Phrasen ist die Zeit aber auch schon um - so viel gibt es zu erklären! Ich bin selbst überrascht, auf wie viele Fragen ich mit Fachwissen antworten kann. In einem halb-offiziellen Fortgeschrittenen-Kurs geht es dann gegen Ende sogar schon auf etwas kompliziertere Grammatik zu. Die Sprache macht aber auch einfach Spaß! ;)
Am letzten Seminartag darf dann jeder noch einen persönlichen Ausblick in die Zukunft entwerfen. Herausforderungen, die angegangen werden sollen, Ideen, die umgesetzt werden möchten und vielleicht auch die ein oder anderen Träume...

Das Highlight des Seminars war für mich aber der Donnerstag-Abend. Über den Tag hatten verschiedene Gruppen Interviews mit Leuten über verschiedene Themen führen sollen und das Ganze auf Video aufnehmen. Einige machten dazu sogar einen Ausflug nach Wellington. Ich nicht, denn zusammen mit meinem johannesburger Kollegen Christian bildeten wir das Moderations-Team. Bis zum Abend stellten wir eine richtige Show auf die Beine, called: "Tim & Tom's couch - Thursday Late-Night". Ein Wohn- / Esszimmer der Farm wurde kurzum in ein Studio verwandelt, das Sofa zur Talk-Couch umfunktioniert und die passende Musik herausgesucht. Der Aufwand war hoch, aber es sollte Spaß machen:
Es gibt einen Countdown, düstere Orgelmusik erklingt, ich stehe im Nebenraum, hämmere auf den Lichtschalter ein und lasse die Lampen gruselig flackern. Auf einmal setzt fetzige Techno-Musik ein.
Zur Showtime springen ich, Tom, und Christian, Tim, unter großem Applaus plötzlich hinter einem Flipchart hervor, legen einen kleinen Tanz aufs Parkett und lassen uns bejubeln - ein erstklassiger Aufritt. :D Gesteuert über einen Laptop bitten wir die Gruppen unter 80er-Discomukke-Beschallung nach und nach auf die Bühne und präsentieren die Ergebnisse des Nachmittags auf der nackten Wand hinter uns, die von einem Beamer angestrahlt wird. Darunter u.a. eine Befragung "Was denken Sie über Nelson Mandela?", und die Geschichte der Bloublommetjeskloof Farm. An technischen Problemen mangelt es dabei ebenso wenig wie an Sparwitzen unsererseits und fiktiven Gewinnspiel-Aufrufen - und so wird es eine sehr gelungene Show, die wir ebenso mustergültig beenden. ;)

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Nun, was nehme ich mit aus den fünf Tagen? In gewisser Weise hat meine Motivation einen "Reset" in die Anfangsform erlebt. Ich habe die Geschichten vieler anderer Freiwilliger gehört, gegen die meine Stimmungskurve - meistens im grünen Bereich - schon beinahe traumhaft aussieht. Die vergangene Hälfte meines Jahrs verging wie im Flug und selbigen muss ich schon am 14. September nach Hause antreten. Ein gutes halbes Jahr liegt aber noch vor mir und ich will jeden Tag davon wertschätzen und nutzen.

Zu Hause steht gerade die Faschingszeit an, die ich dieses Jahr schmerzlich verpasse. Aber ich wünsche euch allen viel Spaß beim Verkleiden, Feiern und eine schöne Zeit!

Bis schon bald,

Lukas